Systematische Qualitätsentwicklung anhand messbarer Kriterien? Funktioniert das auch im pädagogischen Bereich? Wir haben vor knapp drei Jahren unsere Brancheninitiative für mehr Kita-Qualität ins Leben gerufen und unsere Erfolge jetzt im Jahresbericht 2019 | 2020 zusammengefasst.
TopKita Jahresbericht 2019 | 2020 herunterladenTopKita bietet ein wissenschaftlich fundiertes und zugleich praxiserprobtes System mit Werkzeugen, die das pädagogische Handeln mess- und steuerbar machen. So wird sichtbar, ob die Kinder qualitativ gut betreut werden.
Teams sehen, wo Handlungsbedarf besteht. Träger können die pädagogische Prozessqualität ihrer Kitas auf einen Blick erkennen und auf dieser Basis systematisch und kontinuierlich Maßnahmen zur laufenden Qualitätsverbesserung starten.
Liebe Leserinnen und Leser,
jedes Kind in Deutschland soll von einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung profitieren können. Das ist unsere Vision und daran wollen wir auch in Corona-Zeiten festhalten - sogar mehr denn je. Damit sie Wirklichkeit wird, braucht es - in Krisenzeiten und auch sonst - entsprechende politische Rahmenbedingungen. Es ist aber auch eine Qualitäts-Offensive der Branche erforderlich. TopKita bietet praxiserprobte Werkzeuge, die Qualität mess- und steuerbar machen. So erhalten Kita-Teams und -Träger eine Basis für die systematische Weiterentwicklung der pädagogischen Prozessqualität und sehen, wo sie Unterstützung benötigen.
Die Entwicklung des Instrumentariums wird wissenschaftlich begleitet von Professorin Irene Dittrich, die an der Fachhochschule Potsdam Theorie und Praxis der Kindheitspädagogik lehrt.
Herzlichen Dank allen, die sich auch in der jetzigen Situation für unser Anliegen stark machen und an unsere Vision glauben, insbesondere der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg und der element-i Bildungsstiftung.
Bleiben Sie gesund!
Es grüßt Sie herzlich
Clemens Matthias Weegmann
Je hochwertiger die Kita arbeitet, desto besser die Startchancen der Kinder, ergab die NUBBEK-Studie aus dem Jahr 2012. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden weiteren Ergebnisse der Studie umso bedenklicher: Über 80 Prozent der untersuchten Kitas boten nur eine pädagogische Prozessqualität auf mittlerem Niveau. Gute pädagogische Prozessqualität wurde in weniger als zehn Prozent erreicht; unzureichende Qualität war hingegen in deutlich mehr als zehn Prozent der Fälle zu bemängeln. Es besteht also dringender Handlungsbedarf!
Immer mehr Besucher*innen auf der Website, erste Kooperationen mit Trägern und eine sichtbar steigende Anzahl an Elternbefragungen bestätigen es: Träger, pädagogische Mitarbeiter*innen und Eltern legen großen Wert auf gute Kita-Qualität und sind bereit, sich einzubringen.
In den Jahren 2018 und 2019 haben sich 65 Kitas für eine Zertifizierung durch TopKita entschieden. Sie haben die Elternbefragung und Selbstevaluation gestartet sowie ein Audit gebucht oder bereits umgesetzt. Ihr Ziel ist es, die Qualität der pädagogischen Arbeit in ihrer Kita weiterzuentwickeln. Der neue Qualitätsmonitor gibt ihnen einen differenzierten Einblick in die verschiedenen Aspekte der Kita-Arbeit, ermöglicht so die Steuerung des Qualitätsprozesses und zeigt Optimierungs- und Unterstützungsbedarf auf.
Diplom-Pädagoge Clemens M. Weegmann, Initiator von TopKita, hat die Instrumente zusammen mit seinem Team entwickelt - in Anlehnung an den Nationalen Kriterienkatalog für pädagogische Qualität in Kindertageseinrichtungen sowie auf Grundlage eigener Praxiserfahrungen in den vom ihm verantworteten über 40 Kindertagesstätten. Die Entwicklung wird wissenschaftlich von Prof. Dr. Irene Dittrich von der Hochschule Potsdam begleitet.
Bundeselternsprecherin und Kuratorin bei TopKita
„Ich engagiere mich, weil ich überzeugt bin, dass auch wir Eltern zur pädagogischen Qualität in Kitas beitragen können. Wir schauen aus einem anderen Blickwinkel auf die Kitas als Erzieherinnen und Erzieher. Deshalb sollte auch unser Urteil wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Qualitätsermittlung in Kitas sein. TopKita bietet Eltern eine hervorragende Möglichkeit, ihrer Kita Rückmeldung zu zentralen Aspekten ihrer Arbeit zu geben und damit einen Entwicklungsprozess anzustoßen. Auf www.topkita.de gibt es dafür einen wissenschaftlich fundierten Fragebogen, der anonym ausgefüllt werden kann.“
Stiftungsvorsitzender der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg und Kurator bei TopKita
„Wir freuen uns sehr, dass wir von Anfang an bei TopKita dabei sein durften. Gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, liegt uns als Stiftung sehr am Herzen. Daher fördern wir soziale und bildungsrelevante Themen, mit einem besonderen Augenmerk auf die Kleinsten unter uns. Weil wir gerne Partner wie TopKita an unserer Seite haben, die wie wir hinschauen und anpacken, unterstützen wir das Projekt schon seit zwei Jahren und begrüßen sehr, dass Träger, Pädagogen, Pädagoginnen und Eltern zur Mitwirkung eingeladen sind!“
Eine gute Kita bietet Kindern ein stabiles Fundament für den Start ins Leben. Chancengerechtigkeit in der Bildung ist ein wichtiger Baustein für das Funktionieren unserer Gesellschaft.
Doch was macht eine gute Kita aus? Sie muss mit ihren pädagogischen Mitarbeiter*innen die Entwicklung der Kinder optimal fördern und sie auf ein Leben in unserer demokratischen Gesellschaft vorbereiten. Hohe Qualität heißt zudem, die Wünsche und Anforderungen der Eltern und Kinder zu kennen und zu berücksichtigen. Hohe Kita-Qualität entsteht somit auch im Dialog mit den Eltern und Kindern.
Der Weg dahin: Träger, pädagogische Mitarbeiter*innen, Eltern und die Politik erhalten durch die TopKita-Plattform ein praxistaugliches Werkzeug, das den konstruktiven Austausch untereinander fördert und sie auf dem Weg zu mehr Qualität begleitet – ohne unnötigen Papierkram, dafür aber mit vielen Fragen, die weiterhelfen.
Wir sind stolz darauf, dass wir das erste Qualitäts-Instrument bieten können, das Kitas nach hohen wissenschaftlichen Standards prüft und deren kontinuierliche Weiterentwicklung unterstützt.
Die drei Instrumente Elternbefragungen, Selbstevaluation und Audit werden in Modell-Kitas in der Praxis getestet und zugleich mit Unterstützung von Professorin Irene Dittrich von der Hochschule Postdam wissenschaftlich untersucht und weiterentwickelt. So kann der Qualitätsentwicklungsprozess optimal an die Erfordernisse der Praxis und die Erkenntnisse der Wissenschaft angepasst werden.
Ergebnisse und projektierte Weiterentwicklungen werden in einem breit aufgestellten Fachbeirat diskutiert.
Alle Ergebnisse der Analyse werden beim Bundeselternkongress im September 2020 (falls dieser stattfindet) in Berlin präsentiert.
Fachleute und Eltern sind sich bei der Bewertung der Kitas einig. Kitas, die von externen Auditor*innen gut bewertet wurden, haben auch bei der Elternbefragung überdurchschnittlich gut abgeschnitten und beteiligen die Kinder im Kita-Alltag.
Auffallend war, dass manche Kitas Probleme hatten, alle in den Bildungsplänen geforderten Bildungsbereiche gut abzudecken. In moderierten Qualitäts-Workshops wurde gemeinsam mit den pädagogischen Mitarbeiter*innen überlegt, was verändert werden kann, und es wurden teiloffene Prozesse initiiert.
Eine Voraussetzung für hohe Qualität – und für den Fortschritt auf dem Weg dorthin – ist es, dass alle Akteure das gemeinsame Ziel kennen und es mit vereinter Kraft erreichen wollen. Die Akteure Träger, pädagogische Mitarbeiter*in- nen und Eltern müssen an einem Strang ziehen.
Übergreifende Qualitätssteuerung für den Träger
Eine gute Kita braucht einen starken Träger, der die Qualitätssteuerung als eine Hauptaufgabe betrachtet und seine Kitas bei der Qualitätsentwicklung unterstützt. Hierbei sind die Ergebnisse, die TopKita bietet, sehr hilfreich, denn es werden drei sehr unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt: die Einschätzungen der Eltern, die Selbstevaluation der pädagogischen Teams und die Bewertungen externer Auditor*innen.
Alle Ergebnisse werden bei der Auswertung zusammengeführt und grafisch übersichtlich präsentiert. Per Klick können sie
im Qualitätsmonitor ein- und ausgeblendet, verglichen und bis auf Frageebene zurückverfolgt werden. Der Qualitätsmonitor bietet dem Träger also genau das Tool, das er zur Steuerung des Entwicklungsprozesses benötigt. Er hat seine Kitas im Blick, kann Trends erkennen und Förderschwerpunkte bestimmen. Zudem liefern die Ergebnisse eine fundierte Grundlage, um im Dialog mit dem Team ein gemeinsames Verständnis von guter pädagogischer Ar- beit zu entwickeln.
Rückmeldung für das Kita-Team
Basis für die Selbstevaluation des Kita-Teams (pädagogische Mitarbeiter*innen und Leitung) sind über 650 Fragen zu den einzelnen Bildungsbereichen sowie zu Leitungsthemen. Der Fokus liegt auf der pädagogischen Prozessqualität. Ziel ist es, den Qualitätsdialog innerhalb des Teams, aber auch mit den Eltern und dem Träger in Gang zu bringen.
Weil auch ein neutraler Blick von außen wichtig ist, werden externe Auditor*innen eingesetzt. Sie können nach einer rund fünfstündigen Beobachtung eine fachlich fundierte Einschätzung geben. Noch am gleichen Tag erhält das Team eine erste Rückmeldung.
Alles in allem wird so eine professionelle Grundlage für Verbesserungsmaßnahmen im Rahmen des Qualitätsmanagements geschaffen. Dank messbarer Kriterien und praxisbezogener Anker lassen sich Ergebnisse aus unterschiedlichen Einrichtungen vergleichen. Für den Träger ist dies eine ideale Grundlage zur Steuerung und Entwicklung der Qualität seiner Kitas.
Mehr Transparenz und Einfluss für Eltern
Hohe Kita-Qualität entsteht auch im Dialog mit den Eltern. Die Elternbefragung schafft eine gute Grundlage für einen faktenbasierten Dialog zwischen Eltern und Kita. Je mehr Eltern mitmachen, desto aussagekräftiger ist das Ergebnis und desto mehr kann bewegt werden.
Evaluation bringt Erkenntnisse
Dank der Evaluation konnten wir vieles erkennen, was wir bisher nicht wahrgenommen hatten. Die Fragen haben im Team eine Selbstreflektion angestoßen. Die Auswertung zeigte, dass wir bei den meisten Themen auf einer Linie liegen. Besonders einig waren wir uns bei der positiven Bewertung unseres offenen Konzepts. Das hat uns bestärkt. Meinungsunterschiede gab‘s beim Fragenkomplex ,Digitale Medien‘. Hier hatten wir Diskussionsbedarf.
Karin Bayer-Sigg, Leiterin der Kindertagesstätte Aichenbach in Schorndorf
Erziehungsziele klarer formulieren
Wir haben 2019 alle drei TopKita-Module erprobt, und das hat unser Team noch näher zusammengeführt. Die Selbstevaluation ergab Unsicherheiten im Bereich ,Sinn, Werte, Religion‘, und das war Anlass für uns, mit Hilfe eines Experten intensiv darauf zu schauen. Wir haben die Erziehungsziele klarer formuliert. Das Verständnis füreinander ist gewachsen. Auch bei der Essenssituation haben wir einiges geändert.
Maria Matzenmiller, Leiterin des Hauses für Kinder am Hirzberg in Freiburg
Elternzufriedenheit sichtbar machen
Das Online-Angebot mehrsprachiger Fragebögen wird von den Eltern gut angenommen. Mitunter ist Einfallsreichtum gefragt: Einige nach Deutschland geflüchtete Familien hatten weder einen PC noch eine E-Mail-Adresse. Also durften sie kurzerhand den Internetzugang im Büro der Kita nutzen, damit sie sich dennoch an der Elternbefragung beteiligen konnten. TopKita bietet den Eltern ein neutrales Instrument, um sich zu äußern und dabei anonym zu bleiben – entsprechend repräsentativ sind die Ergebnisse.
Bildungsbereiche einladender gestalten
Externe Auditor*innen prüfen in den Kitas auch die Darstellung der Bildungsbereiche sowie deren Beschreibung, Umsetzung und eventuelle Querbezüge. Das Kinderhaus Böblingen nutzte die Gelegenheit, dies auszubauen. Heute erstellt das Team zusammen mit den Kindern regelmäßig Wanddokumentationen. Außerdem haben Kita-Leiterin Isabell Barth und ihr Team die Materialauswahl erweitert. In den Sinnesbereichen können die Kinder nun zwischen unterschiedlichen Materialien wählen, Beispiele sind Schüttelflaschen, Fühlsäckchen, Bälle, Magnete, Bürsten, Rasseleier, Steckspiele und Motorikschleifen.
Die Sicht der Träger: Kita-Qualität strukturiert erfassen
Bisher hatten wir als Träger keine Möglichkeit, Kita-Qualität im Rahmen eines Qualitätsmanagements strukturiert zu erfassen, zu überwachen, systematisch zu fördern und weiterzuentwickeln. Mit dem Qualitätsmonitor haben wir einen guten Weg gefunden. Der Mix aus drei Sichtweisen bietet einen Rundumblick aus Sicht der Eltern, der Einrichtung und von außen. Das Audit lieferte dabei einen weiteren Blickwinkel auf die qualitative Arbeit unserer Einrichtungen. Sehr wertvoll ist, dass die digitale Auswertung schnell vorliegt und man zügig und zielgerichtet reagieren kann.
2019 haben sich drei Schorndorfer Kindertagesstätten dem Prozess unterzogen. Das Qualitätsmonitoring zeigt im Bereich ‚Leitungen‘ übereinstimmend gute Bewertungen. Das war eine wertvolle Erkenntnis, zeigt es doch, dass wir die richtigen Leute an der richtigen Position haben. Zugleich wurde deutlich, dass es in manchen Bildungsfeldern noch ‚Luft nach oben‘ gibt. Dank TopKita können wir jetzt festlegen, wo wir die Umsetzung weiter vorantreiben wollen.
Wir begrüßen, dass das Projekt wissenschaftlich begleitet wird und schätzen die Offenheit der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sowie ihre Bereitschaft, unsere Erkenntnisse in den noch neuen Prozess mit einfließen zu lassen.
Markus Weiß, Leiter des Fachbereichs Kindertagesstätten der Stadt Schorndorf
2019 haben wir viel bewegt. Mit dem neuen Trägermonitor haben wir 2020 eine neue Grundlage geschaffen: Träger und Kommunen können die Entwicklung ihrer Kitas über Jahre hinweg auf einen Blick verfolgen und vergleichen, um so die Qualität ihrer Häuser zu steuern und zu fördern.
2020 wollen wir noch mehr für gute Kita-Qualität tun: Um die Expertise zu vergrößern, werden wir unseren Fachbeirat erweitern. Außerdem möchten wir die Plattform nach dem Motto „Von Trägern für Träger“ öffnen.
Unser Ziel ist es, mit TopKita eine unabhängige, wissenschaftlich validierte Plattform als zentrales Qualitäts-Steuerungsinstrument zu etablieren.